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PLATTEN, DIE DIE WELT BRAUCHT

// Es ist schon bemerkenswert, wie es Hannes Wittmer alias Spaceman Spiff immer wieder gelingt, poetische Passagen in seine Songs zu packen, ohne dabei ins Kiesbett zu schlittern. Mit den üblichen Verdächtigen aus dem Rock-Zirkus hierzulande jedenfalls hat seine Musik nur wenig gemein. Am ehesten kann man da noch den Einfluss des Erstlings von Kettcar heraushören, weshalb es auch kein Wunder ist, dass er inzwischen beim Indie-Label „Grand Hotel van Cleef“ untergekommen ist. Im Grunde genommen kommt auf diese Weise endlich zusammen, was zusammen gehört. Ich kann mich jedenfalls nicht erinnern, wann ich zum letzten Mal Musik mit einem Satz wie diesem gehört habe: „Du fliegst, bis du segelst – und du segelst, bis du fällst – und wenn ich jetzt die alten Steine werfe, treffen sie mich selbst“… „Endlich nichts“ malt Bilder im Kopf und manche Songs klingen tatsächlich so wahrhaftig, dass man Gänsehaut bekommt.

Mit jedem weiteren Durchlauf, den man der Platte schenkt, wächst sie einem noch ein wenig weiter ans Herz. Und ja: Diese Rezension erscheint auch deshalb erst mit reichlich Verspätung, weil ich zuvor noch nicht in der Lage war, in Worte zu fassen, was diese Songs bei mir auslösen. Eigentlich müsste man meinen, dass es nach dem gelungenen Debütalbum „Bodenangst“ nicht ewig so weitergehen konnte – dass dem Musiker irgendwann die Ideen ausgehen werden und die Routine in das eigene Schaffen einkehrt; aber dem Würzburger gelingt es nun schon zum dritten Mal in Folge, mich mit seinen bildhaften Texten zu überraschen. „Lass dir vom Rausch nur die Sinne betören und vom Kater danach dann das Leben erklären“. Dieses Album knipst die Welt um dich herum auf „Stand-By“ und wirft die Fernbedienung aus dem Fenster. Und während du dich noch fragst, warum du auf einmal so nachdenklich wirst, erklingen Sätze wie „Und all die fleißigen Gedanken richten mehr an, als sie begreifen können – sie kochen über irgendwann“. Und plötzlich denkst du dir … ja, verdammt, das ist es: „endlich nichts“.

orsons

// Ich streife durch den Plattenladen meines Vertrauens und frage mich zusammen mit den Orsons (PS: LIVE IN DER POSTHALLE AM 24.04.!): „Whats´s Goes“? Die Jungs spinnen wohl. Jetzt aber mal echt. „Horst und Monika“-Fans werden sich bei dem durchgeknallten Track doch händeringend in Richtung Notausgang stürzen, wodurch sie diesem dreckigen Bastard natürlich trotzdem nicht entkommen können. Der Clip zu dem Stück dauert übrigens 2:37. Also Stunden, nicht Minuten. Den Kater danach, den kannste locker von der Straße kratzen. Da sollte man aber nicht ohne die passende Schutzkleidung rausgehen. Schließlich läuft ja auf Youtube gerade ein Live-Bericht aus dem Hause Zugezogen Maskulin. Und wie heißt es darin so schön: „Alles um uns brennt, um uns brennt, um uns brennt“.

Womit dann mal eben auf den Punkt gebracht wäre, was wir bei den Alteingesessenen ein wenig vermissen. Dann vielleicht doch lieber mal im örtlichen Trailerpark vorbei checken. Der ist „sexualethisch desorientiert“ und weiß wahrscheinlich selbst nicht so genau, ob das mit den schlimmen Texten jetzt ironisch gemeint ist oder nicht. „Dörte Müller“ jedenfalls will das nicht länger hinnehmen und rächt sich im gleichnamigen Clip erstmal recht herzlich mit einem Messer bewaffnet an Bandmember Sudden. Wobei sich das mit dem Streiten ja eh nicht lohnt. Das wusste  schon Rap-Legende Dendemann. Der rappte einst im dem Song „Der Eine und der Andere“ von seiner längst aufgelösten Rap-Crew Eins Zwo: „Es gibt nur mitdenkende Handpuppen, Schnittmengen und Randgruppen.“ Oder – um es mit den Worten von Tocotronic zu sagen, die Dendemann ebenfalls in dem Stück zitiert: „Es gibt nur cool und uncool und wie man sich fühlt“.

Text: Anhaa

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