STADTBILD

BRETTER, DIE DIE WELT BEDEUTEN

„Die ganze Welt IST Bühne. Und alle Fraun und Männer bloße Spieler“, schrieb Shakespeare einst in einer seiner bekanntesten Komödien „Wie es euch gefällt“. Für Euch blicken wir auf die bewegte Geschichte des Würzburger Theaters.

Die Anfänge der Würzburger Theater-Tradition gehen auf die Jesuiten zurück. Einige Fürstbischöfe richteten damals selbst Bühnen ein, unterhielten Orchester und Sänger. Auch fremde Komödianten gastierten in der Stadt, sofern sie die Erlaubnis dazu erhielten. Eine große Rolle in der Geschichte des Würzburger Theaters spielte das Stift St. Anna. Zwischen 1683 und 1690 hatte die Gräfin Maria von Dernbach in Würzburg für das sittsame Zusammenleben adliger Damen das Damenstift zur Hl. Anna errichtet, welches zunächst in der Domerpfarrgasse 12 im Haus „zur goldenen Pforte“ (mit Kapelle) untergebracht war.

Dort verbrachten ältere und jüngere Fräulein von Adel ein Dasein in stiller Beschaulichkeit. Schließlich wurde Balthasar Neumann 1749 beauftragt, für die Damen des Stifts ein neues Heim zu errichten und baute für sie das adlige Damenstift St. Anna, das sich in einem schönen Barockbau „Auf dem Graben“, der jetzigen Theaterstraße, befand. Äbtissin war zu dieser Zeit Eva Theresia Gräfin Schönborn. Ein halbes Jahrhundert residierten die Stiftsdamen dort, bis sie durch die Säkularisation 1803 ihre Heimat an den Staat verloren.

PREMIERE!
Der bayerische Staat verkaufte das Haus im Jahr 1804 für 23 000 fl. an den Grafen Julius von Soden. Er bemühte sich um die Erlaubnis, in Würzburg ein Theater zu errichten, die ihm nach langen Bemühungen auch erteilt wurde – er konnte eine Schaubühne in dem erworbenen Gebäude eröffnen. Nach einem großzügigen Umbau unter Leitung des Hofbaudirektors und Ingenieur-Hauptmanns Johann Andreas Gärtner konnte das Theater am 3. August 1804 eröffnet werden. Als Eröffnungsvorstellung wurde gegeben: „Stille Wasser sind tief“, ein englisches Lustspiel nach Schröder. Das neue Theater erhielt eine elliptische Form. Es hatte zwei Logenreihen, eine Galerie und war für 700 bis 800 Zuschauer berechnet. Graf von Soden übergab das Theater am 28. Februar 1805 an seinen Schwiegersohn, Friedrich Freiherr von Münchhausen. Auch ein Kasino (später Theater-Restaurant), mit welchem Hofkonditor J. G. Bevern mit Genehmigung der kurfürstlichen Landesdirektion ein „Cafe noble für jeden Gesitteten aus allen Ständen“ errichtete, fand dort Platz. Baron Münchhausen, der Schwiegersohn und Nachfolger des Grafen Soden, ließ im ersten Stock zudem einen Ballsaal einrichten.

Der Name des Theaters wechselte übrigens fast so oft wie der Spielplan: Ursprünglich lautete er von 1804 bis 1806 „Churfürstlich privilegierte Nationalbühne“, dann 1806 „Churfürstliches Hoftheater“, von 1806 bis 1808 „Großherzogliches Hoftheater“, von 1808 bis 1814 „Großherzoglich privilegierte Schaubühne“, von 1814 bis 1825 „Königlich bayerisch-priviliegierte Schaubühne“ sowie ab 1825 „Königlich bayerisch privilegiertes Theater“. 1832, im Todesjahr von Johann Wolfgang von Goethe, wurde das Theater gründlich renoviert und ein großer Theatersaal gebaut.

VON PAGANINI BIS WAGNER
Auch der Geigenvirtuose Niccolo Paganini gab am Würzburger Theater ein Gastspiel, 1833/1834 war zudem Richard Wagner als „Choreinstudierender“ am Würzburger Theater beschäftigt. Hier komponierte und vollendete er sein Erstlingswerk, die Oper „Die Feen“. Sein Bruder Albert hatte von Oktober 1830 bis Mai 1841 am hiesigen Theater einen Posten als Schauspieler und Sänger inne. Richard Wagner wohnte zuerst in der Unteren oder Hinteren Kapuzinergasse, der heutigen Huebersgasse, und anschließend hinter dem Theater in der Lochgasse, die 1856 für die Schrannenhalle beseitigt wurde (jetzige Spiegelstraße). Das heutige Haus Kapuzinerstraße 7 mit dem Hinweis auf Wagner trägt die Bezeichnung also streng genommen zu Unrecht.

EINE NEUE ÄRA …
Ab dem 2. Oktober 1837 trug die Bühne, die bis dahin häufig wechselnde Direktoren aufwies, schließlich Namen Würzburger Stadttheater. Durch den Vertrag vom 7. Februar 1843 ging das komplette Theatergebäude aus dem Besitz der Witwe des Freiherrn von Münchhausen vertraglich in das Eigentum der Stadt Würzburg über. Zuvor war es stets ein privates Unternehmen gewesen. 1837 gab es erstmals einen Theaterzettel des Schauspiels „Griseldis“ mit der Bezeichnung „Würzburger Stadt-Theater“. 1846 wurden die technische Ausstattung und auch der Bühnenraum neu eingerichtet. Einen glücklichen Aufschwung brachte die Ära von Eduard Reimann und Otto Reimann (1906 bis 1914). Reimann bekleidete den Posten des Theaterdirektors über 28 Jahre – von 1870 bis zu seinem Tode 1898 in Würzburg. Die Inflation währen der Weltwirtschaftskrise Anfang des 20. Jahrhunderts machte auch dem Würzburger Theater schwer zu schaffen – der Opernbetrieb musste 1923 und auch 1930 eingestellt werden. Als dennoch sehr erfolgreiche Intendanten und Theaterleiter aus dieser Zeit zu nennen sind Heinrich K. Strohm und Paul Smolny. Proteste gab es beim zweiten Gastspiel der hebräischen Bühne „Habima“ aus Moskau 1930. Davor, 1926, war Richard Strauß hier und dirigierte seine Oper „Ariadne auf Naxos“.

… UND NOCH EINE NEUE
Beim verherrenden Bombenangriff des 16. März 1945 wurde das Theater leider zerstört. Ende 1945 war es dann Hans Scherer, der eine private „Würzburger Bühne“ gründete. Die Vorstellungen fanden in einem ehemaligen Reichsarbeitsdienstlager, dem „Wintersheim“ in Heidingsfeld, statt. Die Turnhalle des Lehrerseminars am Wittelsbacherplatz beherbergte ab 1948 das „Theater am Wittelsbacherplatz“. Zu nennen sind aus dieser Zeit besonders Frederico Wolf-Ferrari und Ernst Kuhr, der im Gasthof „Zur Sonne“ in der Bahnhofstraße die „Würzburger Kammerspiele“ leitete. Hier hatte Ernst Kuhr auch Gustav Gründgens zu Gast. Am 5. Mai 1955 wurde vom Würzburger Stadtrat der Beschluss gefasst, das neu zu erbauende Theater auf dem Gelände des ersten Bahnhofs, der späteren Ludwigshalle, zu errichten.

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Das Theater 1930

1962 erfolgte der erste Spatenstich und ein Theaterbauverein sorgte für zusätzliche Gelder. Als Architekt zeichnete der Dortmunder Hans-Joachim Budeit verantwortlich, der das neue Haus für 739 Besucher plante, ergänzt um die Kammerspiele mit 92 Plätzen. Der bayerische Ministerpräsident Alfons Goppel eröffnete das neu erbaute Theatergebäude am 4. Dezember 1966 mit Richard Wagners „Meistersinger“. Von 1988 bis 1999 hatte Tebbe Harms Kleen die Leitung des Theaters. Heute trägt das Haus seinen bekannten Namen „Mainfranken Theater Würzburg“.

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Das Mainfranken Theater Würzburg wird heute in drei Sparten geführt. Intendant ist seit der Spielzeit 2004/2005 Hermann Schneider, Enrico Calesso hat den Posten des Generalmusikdirektors inne. Nun wurde Markus Trabusch vom Stadtrat zum neuen Intendanten ernannt. Er war zuvor in Freiburg, Zürich, München und Stuttgart sowie an der Staatsoper Brüssel und der Oper Frankfurt tätig. Sieben Jahre hatte er die Leitung der Schauspiel- und Regieausbildung am Mozarteum in Salzburg inne und war von 2007 bis 2014 Schauspieldirektor am Augsburger Theater.

Text und Archiv-Bilder: Willi Dürrnagel

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