ARBEIT & VERGNÜGEN

Von Gaben, Schicksalen und Prophezeiungen

Anja Reiner blickt jeden Sonntag beiRadio Gong in die Zukunft der Würzburger Zuhörer. In diesem Jahr feiert sie dort ihr 10-jähriges Jubiläum. Die 43-Jährige lebt in Karlstadt und entdeckte ihre Leidenschaft fürs Tarot vor 15 Jahren.

Anja, wie kamst Du dazu, Karten zu legen? Ich habe schon in meiner Kindheit Vorahnungen gehabt, aber als Kind kann man damit ja nicht umgehen. Meine Großmutter war auch eine sehr spirituelle Frau. Sie legte Karten und hatte Träume und Visionen, die eingetreten sind. Angst hat mir das aber nie gemacht.

Wann hast Du das Kartelegen zum Beruf gemacht? Erstmal habe ich das hobbymäßig praktiziert – und als immer mehr Menschen zu mir kamen, habe ich mich 2007 selbstständig gemacht: erst nebenberuflich und dann irgendwann hauptberuflich. 2007 begann ich auch mit dem Kartelegen bei Radio Gong. Seither habe ich regelmäßige Stammkunden, die über Jahre hinweg immer wieder zu mir kommen. Auch meine Familie und meine Freunde fanden toll, dass ich mich selbstständig gemacht habe. Sie bemerkten selbst, dass es passt, was ich lege und standen immer hinter mir.

Was ist das für ein Gefühl, anderen Menschen ihre Zukunft vorherzusagen? Ein tolles Gefühl, weil man so viel Dankbarkeit von den Menschen zurückbekommt. Das ist auch der Grund dafür, dass ich das Kartenlegen zum Beruf gemacht habe.

Was ist, wenn man etwas Schlechtes sieht? Das Thema Krankheiten oder Gesundheitsfragen grenze ich aus. Diese Fragen gehören zum Arzt. Ich beantworte auch keine Fragen zum Thema Tod – das lehne ich ab, das ist unseriös. Die meisten Fragen drehen sich um Partnerschaft und Beruf. Wenn ich da zum Beispiel in einem Job keine großen Zukunftschancen sehe oder einen gefährdeten Arbeitsplatz, dann deute ich das nicht negativ. Denn ich denke, es ist besser, so etwas zu wissen und sich darauf einzustellen, um sich einen Plan B zurecht zu legen.

Würdest Du jemandem etwas sagen wie:  Es folgt eine schwierige Lebenszeit? Das kann man so nicht sagen, das würde ich nicht tun. Man kann natürlich Tendenzen aufweisen, zum Beispiel: Ihnen steht beruflich einige Monate lang eine Durststrecke bevor und danach geht es wieder aufwärts. Das ist dann eher etwas Aufmunterndes. Ich würde nie jemanden mit einer rein negativen Prophezeiung stehen lassen. Wenn ich beispielsweise eine Scheidung sehe, schaue ich auch, was danach kommt – und das ist dann zum Beispiel eine neue glückliche Beziehung.

Gibt es die sogenannten sich selbst erfüllenden Prophezeiungen? Daran glaube ich nicht. Die Karten zeigen den Weg und sagen, was passiert, wenn ich Weg A oder Weg B einschlage. Den Weg muss man aber selbst gehen. Ich habe oft die Erfahrung gemacht, dass Menschen eine andere Richtung einschlagen als empfohlen, aber am Ende aber doch wieder an dem Punkt landen, den ich ursprünglich prophezeit habe.

Wie erklärst Du dir, dass man in die Zukunft sehen kann? Es gibt Dinge, die man nicht erklären kann. Ich glaube, das Schicksal jedes Menschen ist in groben Zügen vorherbestimmt. Man kann aber trotzdem freie Entscheidungen treffen. Gewisse Punkte im Leben geschehen definitiv. Der Mensch hat aber die Entscheidung, welchen Weg er dabei einschlägt.

Ein Beispiel: Du sagst mir, dass ich irgendwann mal meine Jugendliebe heirate. Dann bin ich ja jetzt nicht mehr frei in meiner Entscheidung, oder?
Die Entscheidung ist ja trotzdem frei, wenn Du sagst: Ich will meine Jugendliebe nicht. Dann kommst Du vorerst mit einem anderen Partner zusammen. Aber irgendwann kommt dann trotzdem der Punkt, an dem Du eben wieder mit ihrer Jugendliebe zusammenkommen und heiraten.

Ist schon mal etwas nicht so eingetreten, wie Du es gesehen hast? Ja, zum Beispiel habe ich einer Frau prophezeit, dass sie einen Job finden wird. Doch nach einiger Zeit kam sie wieder zu mir, ohne dass dies eingetreten ist. Dann habe ich sie gefragt, ob sie sich eigentlich beworben hätte und wirklich einen Job wolle. Und sie verneinte. Das heißt: Wenn man das eigene Leben nicht aktiv gestaltet, können solche Prophezeiungen auch nicht direkt eintreffen.

Hast du eigentlich eine professionelle Ausbildung absolviert? Ja, ich bin bei einer professionellen Kartenlegerin in die Lehre gegangen. Ich habe dort zum Beispiel gelernt, wie man Bilder deutet.

Gibt es schwere Zeiten in Deinem Job? Ja, es gibt schwierige Schicksale, die einen auch belasten. Es gilt dann zu lernen, damit umzugehen und in solche Aufgaben hineinzuwachsen. Ich brauche dann viel Ruhe als Ausgleich. Und ich reise sehr gerne.

Was liebst du an deinem Beruf? Anderen Menschen zu helfen. Viele Menschen kommen zu mir, die verzweifelt sind. Denen kann ich Hoffnung geben und Mut machen. Viele Menschen stehen vor einem Scheideweg. Sie wissen nicht, was sie tun sollen und sind dankbar, wenn sie eine Hilfestellung bekommen.

Text: Johanna Juni