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Körperliche Höchstleistung und schwerelose Eleganz

Der Realität für eine kurze Zeit entkommen, in die Rolle einer anderen Person schlüpfen, Geschichten erzählen oder Emotionen ausdrücken, für die Worte nicht reichen – genau das liebt Mihael Belilov am meisten an seinem Beruf. Er ist professioneller Balletttänzer und gehört seit der Spielzeit 2015/16 zum Würzburger Ballettensemble des Mainfranken Theaters.

Früh übt sich

Ursprünglich kommt Mihael aus Varna in Bulgarien. Dort begann er schon früh seine erste Ausbildung zum Ballerino – im Alter von 12 Jahren: „Ich war schon als Kind sehr aktiv, energisch und fleißig. Meine damalige Klassenlehrerin hat mein musikalisches und tänzerisches Talent entdeckt. Am Anfang wusste ich gar nicht, dass ich Ballett lernen sollte. Es war eine Überraschung für mich”, erzählt der 21-Jährige. Eine noch größere Überraschung war jedoch, dass Ballett in kürzester Zeit zu seiner absoluten Leidenschaft wurde. Und so kam es, dass Mihael 2012 – nach ersten Erfolgen – an die Staatliche Ballettschule Berlin wechselte.

Etwas ganz besonderes

Bis heute hat der Wahl-Würzburger jede Menge Auftritte absolviert. Wie viele es genau waren, weiß er schon gar nicht mehr: „Nach der 20. Aufführung hört man einfach auf zu zählen“, lacht er. Eines höre aber nie auf: Die Nervosität vor jedem Auftritt. „Ich bin meist aufgeregt, gleichzeitig aber auch unglaublich glücklich, dass ich wieder die Möglichkeit habe, auf der Bühne zu stehen.“ Und so empfindet Mihael jeden Moment auf der Bühne als einen ganz besonderen. Und sein persönliches Highlight?
„Das war der Auftritt zum 25. Tag der Deutschen Einheit mit der Staatlichen Ballettschule Berlin. Einer der schönsten Momente meines Lebens”, erinnert er sich zurück.

Nicht nur ein „Job“

Dass Ballett für Mihael mehr ist als nur sein Beruf, spürt man sofort. Seine Augen funkeln vor Begeisterung, wenn er über seine Erfahrungen und Erfolge erzählt. Voller Enthusiasmus beschreibt er die Schönheit und Magie, die er in jedem Ballettstück sieht. Was auf der Bühne fast schwerelos, sinnlich und federleicht aussieht, ist in Wirklichkeit aber körperliche Höchstleistung und purer Ehrgeiz. Vor den täglichen Proben findet für Mihael das 1,5-stündige Aufwärmtraining statt. Anschließend wird zweimal am Tag je drei Stunden am Stück geübt. Trotz des harten Trainings und der körperlichen Anforderungen ist sich Mihael sicher: „Ballett ist kein Sport. Ballett ist Kunst. Wir sind Künstler, Tänzer und gleichzeitig Schauspieler. Wir sind kreativ, wir inszenieren Emotionen, geben Gefühlen einen künstlerischen Ausdruck.“

Ein Mann im Ballett

Und nun die Frage, die sicherlich vielen von Euch LIEBEN NACHBARN unter den Fingernägeln brennt: Wie kommt es eigentlich bei anderen an, wenn man als Mann Ballett tanzt? „Das hängt von der Kultur ab. In Deutschland begegnen die Menschen einem mit Respekt”, meint Mihael und erklärt, warum männliche Tänzer für ein Ballettstück essenziell sind: „Frauen können sich nicht gegenseitig heben oder ein Duett zusammen tanzen – ganz einfach.”

Die schwierigste Rolle

Wer nun denkt, dass es Ballerinos nur im Duett mit Ballerinas gibt, der irrt. Und so erinnert sich Mihael an seine erste große Solo-Rolle nur zu gut: „Der Sultan in Scheherazade von Anna Vita war meine schwierigste Rolle. Der Sultan ist ein Mörder. Ich sehe mich jedoch eher als einen Prinzen und nicht als einen Killer. Anfangs hatte ich deshalb ein paar Schwierigkeiten mit dem Gesichtsausdruck.“ Aber nach drei Monaten hartem Training stand das Stück und Mihael beherrschte seine Rolle. „Das war eine echte Steigerung und eine riesige Entwicklung für mich. Diese Erfahrung werde ich nie vergessen”, betont er.

Kurzum: Mihael hat bisher einiges erreicht. Unter anderem gewann er 2014 den dritten Preis beim Internationalen Baltischen Ballettwettbewerb in Riga. Stehenbleiben oder gar aufgeben kommt für ihn nicht in Frage: „Das Wichtigste ist es, Träume zu haben.“ Deshalb hat der 21-Jährige auch keinen anderen Ballerino als Vorbild, sondern nimmt sich all die Menschen zum Vorbild, die klare Ziele haben, ihren Träumen folgen und sich dadurch stets weiterentwickeln.

Text: Meliz Kaya; Fotos: Matt Edmonson & Mihael Belilov