Fast vier Monate lang gibt es ihn nun schon: Würzburgs ersten verpackungsfreien Supermarkt in der Sanderstraße. Wir haben Inhaberin Susanne Waldmann und ihr Team getroffen und wollten wissen, wie es zur Ladengründung kam und welche Philosophie dahintersteckt.
Sind die Produkte bei Euch im Schnitt teurer oder günstiger als im Supermarkt?
Weder noch. Die Produkte kosten etwa genauso viel wie im Biomarkt. Natürlich gibt es Produkte, die teurer sind, aber auch genügend, die unter den durchschnittlichen Bio-Preisen liegen. Das liegt zum einen daran, dass der Verpackungspreis wegfällt – und zum anderen, dass wir unsere Produkte auf kürzestem Wege vom Produzenten beziehen. So wird Getreide beispielsweise günstiger, weil wir das ohne Zwischenhändler vom Landwirt beziehen. Mir ist im Großen und Ganzen wichtig, dass unser Angebot aus der Nähe kommt! Und natürlich sind wir auch Bio-zertifiziert: Bei uns ist also bio drin, wo bio draufsteht.
Regionale Zulieferer, kurze Wege
Und woher kommen die Produkte genau?
Wir arbeiten mit vielen Landwirten und Produzenten aus nächster Nähe zusammen. Unser Gemüse kommt beispielsweise vom Bioland-Hof Kraus-Egbers in Oberaltertheim – und das Brot wird in Versbach gebacken, in der Bio-Bäckerei Thyen. Natürlich sind wir zusätzlich auf Großhändler angewiesen, aber auch da achten wir auf möglichst kurze Wege.
Auch Kaffee und Kakao haben wir im Sortiment, den Kakao sogar direkt aus Würzburg von Perú Puro. Das ist eine wunderbare kleine Firma, die direkt in Kontakt mit den Kakaobauern in Peru steht. Bei Unverpackt kann man außerdem nicht nur herkömmlichen Kakao kaufen, sondern zum Beispiel auch ungeröstete Bohnen zum Kauen – die empfehle ich immer Studenten in der Prüfungsphase, da sind ganz viele Antioxidantien drin, die machen richtig glücklich!
Alles in allem finde ich: Je weiter weg der Produzent, desto undurchschaubarer wird der gesamte Prozess. Deswegen legen wir großen Wert auf regionale Zulieferer und kurze Wege. Wenn wir etwas lokal beziehen können, warum es dann von woanders holen?
Behälter aus nachwachsenden Rohstoffen
Angenommen, man hat nicht genug Behälter zum Einkaufen zu Hause: Kann man bei Euch welche kaufen?
Klar! Darauf sind wir natürlich vorbereitet. Wir haben ganz simple Einmachgläser hier im Laden und auch noch wiederverwendbare Boxen aus ökologischem Material: Das sind die Naturboxen von ajaa, die sind besonders leicht und werden aus den Fasern hergestellt, die bei der Zuckergewinnung entstehen – also komplett aus nachwachsenden Rohstoffen. Die haben wir in mehreren Größen, es ist also für jeden die Richtige dabei.
Was wird es außer dem Verkauf noch geben? Welche Ideen habt Ihr für die Zukunft?
Wir haben natürlich noch ganz viele andere Pläne, werden uns aber zunächst auf den Verkauf konzentrieren. Eine Sache, die es allerdings von Anfang an gibt, ist unser Kunde-zu-Kunde-Regal. Hier können Kunden beispielsweise Behälter reinstellen, die sie nicht mehr benötigen, sodass ein anderer diese nehmen kann. Oder auch Bücher und andere Dinge, die der Unverpackt-Idee entsprechen, Rezepte zum Beispiel.
Ansonsten möchten wir in Zukunft gerne Veranstaltungen anbieten, um Interessierte beispielsweise über Anbau und Fair-trade aufzuklären. Und – das ist aber wirklich noch Zukunftsmusik – ich fände es super, wenn man irgendwann bei uns solidarisch einkaufen könnte. In frühestens zwei Jahren wird das hoffentlich so sein, dass wir an bestimmten Tagen Produkte zu vergünstigten Preisen abgeben. Dabei ist es mir egal, ob davon ein Hartz-IV-Empfänger profitiert, ein Student oder eine alleinerziehende Mutter – dieses Angebot ist für alle da, bei denen gerade die Kasse knapp ist.
Was ist der Renner im Laden?
Haferflocken! Die hat man ja eh immer zu Hause – und viele Leute sind froh, wenn sie die ohne unnötigen Verpackungsmüll bekommen. Außerdem auch Nudeln und eben alles, was man auch so im Supermarkt kaufen würde – nur hier eben unverpackt.
EINE KLEINE EINKAUFSANLEITUNG
Das Prinzip versteht sich so gut wie von selbst: Zuerst wird der mitgebrachte oder gekaufte Behälter gewogen, damit an der Kasse wirklich nur das Gewicht des Produkts abgezogen wird. Dann füllt man seine Behälter mit allem, was man eben möchte und geht zur Kasse. So einfach ist das!
Stammkunden-Check bei Unverpackt Würzburg: In bester Nachbarschaft
Gerade erst neu in Würzburg – und schon so vertraut mit allen: „Dorothea, noch ein paar Cranberries auf die Hand? Die magst du doch ganz gern.“ Susanne Waldmann von Unverpackt Würzburg kennt ihre Kundschaft besser als andere ihre Nachbarn. Und Kundin Dorothea nimmt die Cranberries natürlich gerne mit. Nicht nur wegen dieser Vertrautheit kommt die freischaffende Künstlerin regelmäßig in Susannes verpackungsfreien Supermarkt in der Sanderstraße.
Unverpackte Welt
Das Publikum bei Unverpackt ist so bunt gemischt wie das Sortiment selbst: Studenten, Familien, Hausfrauen, Menschen jeden Alters betreten den Laden, bepackt mit Dosen und Flaschen. „Eins haben alle gemeinsam: Wir sind Menschen, die über ihre Umwelt nachdenken und sich bewusst ernähren“, erzählt Stammkundin Dorothea Kerber-Ihle, als wir sie bei ihrem wöchentlichen Einkauf in Susannes Laden treffen. Qualität ist ihr wichtig, und die bekommt sie hier aus nächster Nähe. „Ich wohne schon seit langer Zeit in der Innenstadt – mein Viertel kenne ich wie meine Westentasche. Die Stadt verändert sich, wird immer dynamischer, immer jünger. Ich finde das klasse.“ Ein Laden wie der von Susanne passt für Dorothea perfekt in die Sanderstraße. Wie viele andere Kunden schätzt sie die Lage des Ladens, dank der ihr der weite Weg zum Biomarkt meist erspart bleibt.
Ein Schritt in die richtige Richtung
Doch was macht den kleinen Unverpackt-Laden so besonders? Neben der hohen Qualität liegen die Vorteile für Dorothea auf der Hand – das Unverpackt-Prinzip ist für sie logisch, einfach und vor allem ein Schritt in die richtige Richtung: „Natürlich beruhigt es mein ökologisches Gewissen, wenn meine Lebensmittel nicht dreifach in Plastik verschweißt sind, wie man es in konventionellen Supermärkten leider häufig findet“, berichtet sie und lässt ihren Blick zufrieden durch den Laden schweifen.
„Leere Behälter und Gläser hat man doch ohnehin zu Hause, und früher haben wir es ja nicht anders gemacht. Der Trend zur Nachhaltigkeit wird sich durchsetzen, genau wie das Unverpackt-Prinzip“, ist Dorothea überzeugt. Routiniert läuft sie während unseres Gesprächs durch den Laden, wiegt Gläser, befüllt sie mit Dinkelreis aus der Rhön, Butter vom Bauern und ihren geliebten Cranberries. Ein paar zum Naschen zwischendurch sind natürlich auch drin.
UNVERPACKT KOMMT AN
20 Euro bezahlt Dorothea für ihren Einkauf. Teuer? Auslegungssache, findet sie. Die Produkte kommen aus dem Umland, sind demeter-zertifiziert und so nachhaltig, wie es eben geht. „Ich finde nicht, dass hier alles teurer ist. Und man kann auch sparen, indem man zum Beispiel Spinat mit Kartoffeln und Spiegelei isst oder einfach eine Linsensuppe statt jeden Tag Fleisch oder Fisch“, meint Dorothea.
Zwischen Quiche und Walnussbrot
Heute möchte sie zum Mittagessen eine leckere Quiche essen – eines ihrer Lieblingsprodukte im Laden. Außerdem schwört sie auf die Bitterschokolade und das Walnussbrot: Hauptsache abwechslungsreich. „Genau dafür mag ich die Auswahl hier. Ich kann auch mal kleine Mengen nehmen, wenn ich was Neues ausprobieren möchte und muss nicht gleich ein halbes Kilo davon kaufen.“ Inhaberin Susanne nickt zustimmend: „So geht es vielen Kunden.“
Zum Abschied gibt es noch einen kleinen Plausch an der Theke über allerhand Neues aus der Nachbarschaft. Die beiden Frauen kennen sich hier aus, das merkt man. Und wie das eben so ist unter Nachbarn: Eine Hand wäscht die andere. Deshalb denken die Künstlerin und die Unverpackt-Inhaberin sogar schon über neue, gemeinsame Projekte nach. Unverpackt ist also in Würzburg angekommen. Willkommen in der Nachbarschaft!
Interview Dorothea Kerber-Ihle Unverpackt Kopie_J
Text & Fotos: Jessica Wille