Alle Artikel in: GESELLSCHAFT

Alle Psycho, oder was?

In unserer schönen Stadt tummeln sich bekanntlich jede Menge Studenten. Doch längst ist bei den hippen jungen Erwachsenen nicht immer alles eitel Sonnenschein, weiß Saida Thenhart. Sie befasst sich beruflich mit den psychischen Problemlagen der Generation Y – und stand LIEBE NACHBARN im Interview Rede und Antwort.   Saida, bei Deiner Arbeit als Heilpraktikerin für Psychotherapie befasst Du Dich intensiv mit der Generation Y. Mal grundsätzlich: Wer fällt eigentlich genau in diese Gruppe? Die Generation Y, Why oder auch Ypsiloner, Digital Natives und inzwischen auch die Boomerangs sind in Deutschland grundsätzlich alle jungen Erwachsenen, die von 1980 bis 1995 geboren wurden, allerdings verschwimmen die Grenzen natürlich nach oben und unten hin etwas. Warum hast Du Dich entschlossen, mit Deiner Arbeit gerade diese Generation in den Fokus zu nehmen? Die Statistiken zeigen, dass die 12-monatige Erkrankungsprävalenz, also die Häufigkeit der Er-krankungen, gerade bei dieser Altersgruppe in Deutschland am höchsten ist. Da ich selbst Jahrgang 1985 bin und weiß, wie das Leben für uns sein kann, war es nur logisch, auch dort mit meiner therapeutischen Unterstützung anzusetzen. …

Eine gute Erklärung

Hannah ist 39 und sie hat keine Kinder. Schlimmer noch, sie ist Single.   Das war keine bewusste Entscheidung, es ist einfach so passiert. Es ist noch kein Mann aufgetaucht, dessen Gesicht Hannah gerne in winzig klein doppelt gesehen hätte – vielleicht mit ihren grünen Augen und den blonden Locken ihres Mannes. Hannah mag Männer mit blonden Locken. Aber ihre letzte Beziehung ist drei Jahre her und sie hat gelernt, alleine zu sein. Sie ist sogar gerne alleine. Es geht ihr gut. Zumindest dann, wenn sie niemanden erzählen muss, dass sie 39 ist und keine Kinder hat und Single ist. Dann kommt sie in Erklärungsnot. Hannah könnte auch Hanan heißen oder Hang oder Haily. Die Reaktionen wären ähnlich. Aber das bringt Hannah wenig, denn sie ist Hannah und weiß nicht, dass es woanders auf der Welt eine Hanan gibt und eine Hang und eine Haily, die auch alle 39 sind, keine Kinder haben und Single sind. In Hannahs Welt ist sie die Einzige. Sie ist diejenige, die vor Hochzeiten den Extra-Anruf bekommt, um gefragt zu …

Aus Zeit

Jeder braucht sie einmal, irgendwann einmal. Nicht jeder nimmt sie sich, nicht jeder kann sie sich nehmen. Dabei erwischt sie nicht nur Menschen oder Tiere, sondern manchmal auch Maschinen, die Auszeit. Menschen sprechen von Urlaub oder Reha, wenige reden von Therapie. Tiere verpuppen sich, bevor es weitergeht oder schlafen ganze Jahreszeiten durch und für Maschinen bleibt meist nur der Defekt. Während manche Radiosender noch ihre Sendepause pflegen, wurde im Fernsehen das letzte Testbild Ende der Neunziger ausgestrahlt und seither herrscht der Dauerbetrieb. Klar, spät nachts laufen Wiederholungen oder Werbesendungen ohne nennenswerten Unterschied zu Testbildern, dennoch pausenartig. Und das Internet? Hat keine Pause, braucht keine und darf auf keine haben, ist immer an. Immer und überall abrufbar, zu jeder Tages- und Nachtzeit und an fast allen Orten der Erde. Von den Downtimes einmal abgesehen, also Zeiten, in denen mobile und stationäre Internetzugänge keinen Datendurchsatz liefern. Diese, wenn auch seltenen Vorkommnisse, verursachen umgekehrt proportional zu ihrer Häufigkeit enorme Emotionsspitzen. Skandalträchtig befeuert durch Meldungen, dass das Internet zu dieser und jener Zeit und an diesem und jenem Ort …

Verkehrsunfall, was tun?

Zum Start in den Herbst haben Autofahrer häufig mit geänderten Witterungsverhältnissen zu kämpfen. Glatte Straßen aufgrund Laubbefalls, schlechte Lichtverhältnisse, vermehrter Wildwechsel stellen im Straßenverkehr einige Herausforderungen dar, die es zu bewältigen gilt.   Hierbei kommt es immer wieder zu Verkehrsunfällen, die für viele Autofahrer einige Fragen aufwerfen. Wie muss ich mich bei einem Verkehrsunfall verhalten? Was muss ich bei einer möglichen Unfallregulierung beachten? Wie verhalte ich mich gegenüber möglichen Unfallbeteiligten, wie Fahrzeughalter, Fahrer und Haftpflichtversicherern? Welche Angaben sollte ich bzw. muss ich machen? Die Experten von REITMAIER Rechtsanwälte geben Tipps, die bei der Unfallabwicklung hilfreich sein können. Austausch der Personalien Notieren Sie sich zunächst unbedingt die Personalien (Name und Anschrift Fahrzeugführer, Name und Anschrift Fahrzeughalter, amtliches Kennzeichen der Fahrzeuge, wenn bekannt Haftpflichtversicherungen der Fahrzeuge Ihres Unfallgegners). Dies gilt vor allem dann, wenn Sie sich dazu entschließen, die Polizei nicht zu verständigen. Unterschreiben Sie vor Ort nichts. Lassen Sie sich ein Ausweisdokument zeigen. Wie lange muss ich an der Unfallstelle warten? Wie lange, das hängt von den Umständen des Einzelfalles ab (z. B. Tageszeit, Ort und …

I don´t care as long as I sing

Wie ich einst auszog, um meine Musiklehrerin Lügen zu strafen (und dabei zufälligerweise ziemlich viel Bier zu trinken).   „Ihr müsst an der Stelle eine kleine Terz einfädeln, sonst klingt das schepps“, erklärt der Typ in der Mitte. Klar, die kleine Terz einfädeln, hätt ich auch selbst drauf kommen können. Ist das dann so ähnlich wie der Schirm, der beim Solo von Pink Floyd’s Comfortably Numb in uns aufgehen soll? Oder oktavieren wir das lieber entsprechend? Wie auch immer: Ich versteh nur Bahnhof, nehm einen kräftigen Zug (haha) aus der Bierflasche – und hol ganz tief Luft … IT´S TIMES LIKE THESE … Es sind Momente wie diese, in denen ich mich immer wieder frage, was zum Geier ich hier mache: Mitten unter der Woche, mitten in der Stadt in einem leicht muffigen Keller entdecke ich – mitten in meinen Dreißigern – plötzlich, dass es ganz schön viel Laune macht, sich mitten unter der Woche mitten in der Stadt in einem leicht muffigen Keller mit ehemals wildfremden Leuten zu treffen, um sich gemeinsam die Seele …

Heiligs Blechle

Ein grüner Oberbürgermeister – haben da nicht die Schwaben das Patent drauf? Mal sehen! Denn mit dem 43-jährigen Martin Heilig steht in Würzburg schon der nächste Grünen-Kandidat für das höchste Verwaltungsamt der Stadt in den Startlöchern. Wichtigstes Wahlkampfthema: natürlich die Würzburger Blechlawinen – und wie man sie möglichst effektiv loswird. Herr Heilig, … Martin bitte. Alles klar, Martin: Die Grünen befinden sich ja zurzeit auf einem – natürlich CO2-freien – Höhenflug. Bei der Europawahl im Juni war Deine Partei mit über 31 Prozent stärkste Kraft in Würzburg und die Landtagswahl 2018 hat Euch mal eben ein DirektMANDAT beschert. Ist die Zeit in Würzburg also reif für einen grünen ob? Da muss ich erstmal ein bisschen auf die Bremse treten. Kommunalwahlen sind schon noch eine ganz andere Sache als Landtags- oder Europawahlen; aber natürlich können wir nach den letzten Ergebnissen schon ziemlich optimistisch sein, dass das nächstes Jahr klappen könnte. Unterm Strich halte ich es aber wie mein Parteikollege Winfried Kretschmann: Man muss auf dem Teppich bleiben, auch wenn er fliegt. Direkt gefragt: Was macht der …

Fiedler´s green

Alle wollen Grün. Alle wollen weniger CO2, Feinstaub und Stickoxide in der Luft. Alle wollen weniger Glyphosat im Essen und weniger Nitrat im Trinkwasser. Alle wollen Eier ohne Dioxin und Fipronil. Alle wollen Fleisch ohne (Reserve-)Antibiotika, eine Ozonschicht ohne Loch, ein Klima ohne Wandel. Aber mal ehrlich: Wer ist auch bereit, dafür etwas zu tun?   Das Fenster meines Büros zeigt direkt auf den vierspurigen Röntgenring. Allmorgendlich zwischen 7:30 und 8:30 Uhr sowie nachmittags ab 16 Uhr schaue ich Würzburg beim Verkehrsinfarkt zu. Obwohl direkt daneben ein Radweg verläuft, würde ich schätzen, dass auf einen Radfahrer etwa 100 Autofahrer kommen. Ich wohne und arbeite auch in Würzburg und habe bereits im Studium das Fahrrad für mich entdeckt. Zu Beginn nahm ich aus Geldmangel den Bus, später dann das Auto – doch beide Transportmöglichkeiten sind mir ziemlich schnell zuwider geworden. Busfahren ist prinzipiell eine feine Sache, gestört hat mich nur der Geruch im Sommer und die großzügige Verteilung von Viren im Winter. Ganz ehrlich: Ich bin im Winter dreimal Bus gefahren und war eine Woche mit …

Auf Augenhöhe- Müdigkeit. Erschöpfung. Depression.

Willkommen im neuen Jahr. Was sich zwischen den Jahren andeutete, wird jetzt Wirklichkeit. Das neue Jahr startet nicht nur verkatert und grau, sondern auch ohne Gnade. Perspektivlos, trotz all der Vorsätze – und hoffnungslos, trotz all des Neubeginns. Von Sydney bis New York, von Plauen bis Aachen. Gewollt oder nicht, jeder fängt neu an und man selbst steckt mittendrin. Dem Jahresbeginn entzieht sich niemand, und so beginnt das neue Jahr, wie das alte aufgehört hat, es stirbt. Im Gegensatz zum Menschenleben ist das Jahresleben klar strukturiert, designierter Start und designiertes Ende. Das Jahr hat keine falsche Hoffnung, aber auch keine falsche Angst. Es liegt 365 Tage im Sterben und selten spürt man das so intensiv wie am Jahresbeginn. Die Festtage sind abgehandelt, die alten Freunde wurden gesehen und der alten Feinde wurde gedacht. Dopamine sind verbraucht, Adrenaline nicht wieder aufgefüllt. Man nüchtert aus. Der Blick wird endlich scharf und die Welt wird grau. Ohne Luftschlangen und Glühweinnasen verliert das Leben seine Weichzeichner. Wenn die bunten Lichterketten erloschen sind, die bunteren Feuerwerke abgebrannt und der Rauch …

Ich packe meinen Rucksack für 25 Jahre

Über das Gespräch mit einem obdachlosen Menschen – und unseren Zeitgeist   In der Hektik der heutigen Zeit zieht vieles an uns vorbei. Wir haben verlernt, Werte zu schätzen. Wir werden oberflächlicher, sehen vieles als selbstverständlich. Wir wollen immer mehr. Erfolgreich sein. Das Bestmögliche erreichen. Denn das, was wir besitzen, und das, was wir sind, reicht noch nicht aus. Wir machen uns Sorgen, das Beste nie erreichen zu können. Etwas zu verpassen. Dem Standard der Masse nicht standhalten zu können. Für jeden von uns ist es selbstverständlich, nach der Schule oder der Arbeit nach Hause zu fahren, sich auf zu Hause zu freuen. Es ist selbstverständlich, noch einen kurzen Abstecher in den Supermarkt zu machen, wenn der Kühlschrank leer ist. Es ist selbstverständlich, sich nach einer warmen Dusche in sein eigenes Bett legen zu können. Manchen Menschen sind jedoch all diese Selbstverständlichkeiten abhanden- gekommen. Menschen, die von uns oft ignoriert und herabgestuft werden, weil sie nicht mehr mit den gleichen Standards leben können, wie wir. Ich selbst bin an diesen obdachlosen Menschen mit schnellen Schritten …

Brief in die Zukunft

Lieber Prof. Dr. B.A. M.A. LMAA. Anakin Talbott-Muriel, wenn Sie diesen Brief lesen, bin ich schon mindestens 2.000 Jahre tot. Deshalb möchte ich diese Gelegenheit nutzen, um mich vorab bei Ihnen in aller gebührenden Form zu entschuldigen. Denn als Archäologie-Koryphäe im Jahr 4019 haben Sie wahrlich nichts zu lachen. Während Generationen von Altertumsforschern vor Ihnen das große Glück genossen, eindrucksvolle Bauwerke, meisterhafte Kultstätten, wunderschöne Kunstgegenstände und ab und zu wenigstens einen römischen Puff oder spätmittelalterlichen Donnerbalken ausgraben zu dürfen, hat meine Generation Ihnen und Ihren Forscher-Kollegen doch ein äußerst zweifelhaftes Erbe hinterlassen. Wie unfassbar dröge muss es für Sie sein, sich in wochen- und monatelanger Arbeit durch Erde, Staub und natürlich jede Menge Plastik zu graben, um schließlich auf die kümmerlichen Überreste eines 40.000 Quadratmeter großen real-Supermarktes in Ostwestfalen-Lippe zu stoßen! Welche wissenschaftlichen Schlüsse Sie dabei aus dem Nebeneinander von Stereoanlagen, Dosen-Streichwurst und Duft-Weichspüler ziehen mögen – ich mag gar nicht daran denken. Kaum mehr Freude werden Sie bei der archäologischen Erschließung diverser nahe Würzburg gelegener Neubaugebiete haben. Lassen Sie sich von den Dachformen vieler …