Jahr: 2015

IN HÖCHSTEN TÖNEN

Wenn Mittwoch für Mittwoch um Punkt 17:30 Uhr plötzlich wundersame Glockenklänge aus dem Turm der Neubaukirche über der Stadt erschallen, sorgt das selbst bei vielen Einheimischen noch immer für Irritationen. „Was hat es damit auf sich?“ oder auch „Läuft das automatisch?“, lauten die üblichen Fragen zum allwöchentlichen Glockenspiel im höchsten Turm der Stadt. Eigentlich verbirgt sich dahinter gar kein „gewöhnliches“ Glockenspiel, sondern ein sogenanntes Carillon. Dieses gibt es dort seit nunmehr zehn Jahren. Höchste Zeit also für einen Besuch an einem der wohl außergewöhnlichsten Arbeitsplätze Würzburgs. DIE POPSTARS DES 18. JAHRHUNDERTS  250 Stufen und jede Menge Puste später findet man so hoch oben über der Stadt Dr. Dr. Jürgen Buchner. Von hier aus bezaubert er die Würzburger ehrenamtlich mit dem außergewöhnlichen Sound des Carillon. Bereits im Jahr 1510 fand das Instrument seine erste urkundliche Erwähnung. Die ersten Noten für das Carillon waren damals Weihnachtslieder. In den Niederlanden und Belgien entstand später die Hochburg der Carilloneure. Sie waren so etwas wie die Popstars des 18. Jahrhunderts, die die Hits spielten, zu welchen die Menschen auf der …

MANN DER REKORDE

Hans-Otto Wöhrle. Er hat Guinessbuch-Rekorde aufgestellt, zweimal den Iron Man in Roth absolviert – und Kraftsport gehört zu seinem Leben wie die Luft zum Atmen: Seit den 80er Jahren ist Hans Otto Wöhrle in Würzburg als Fitnesstrainer aktiv. Einblicke in ein – im wahrsten Sinne des Wortes – bewegtes Leben. „In meiner Jugend war nur der Stärkere, Schnellere, Wendigere der Chef“, erzählt uns Hans-Otto Wöhrle auf die Frage nach seinen frühen Erinnerungen. „Physische Tätigkeiten hatten damals immer auch etwas mit Leistung und Wettbewerb zu tun – ob das Bauarbeiten waren oder Arbeiten im Weinberg.“ Sportlich startete er, wie wohl die meisten Jungs, mit Fußball, spielte aktiv bis zur A-Jugend beim FC Randersacker. Doch schon relativ früh entwickelte Wöhrle ein ausgeprägtes Interesse fürs Gewichtestemmen. „Steine heben, mein Fahrrad mit einer Hand, solche Sachen eben“, erinnert er sich. Schnell spezialisierte er sich dann auf die Disziplin des olympischen Gewichthebens, bei der durch das sogenannte Reißen oder Stoßen eine Langhantel über den Kopf gestemmt wird. Mit 17 hatte der Würzburger dann auch seinen ersten großen sportlichen Auftritt bei …

GARTEN STATT STADT

Nicht nur in Metropolen wie Berlin oder Hamburg sprießt das Grün aus dem Asphalt – auch in unserem beschaulichen Würzburg wird mitten in der Stadt gegärtnert.  Seit 2012 baut der Verein „Stadtgärtner Würzburg“ im Innenhof des Jugendkulturhauses Cairo Tomaten, Erdbeeren, Kräuter und Co. an. In diesem Jahr ist sogar ein weiteres Grundstück am Niggelweg hinzu gekommen. Wie es der Name schon sagt, geht es bei Urban Gardening ums Gärtnern im urbanen, also städtischen Raum. Da der Boden in der Stadt meist durch Bauschutt und andere Dinge belastet ist, wird nicht direkt in der Erde angebaut. Als Beete dienen beispielsweise Weinkisten, Reissäcke, Hochbeete aus Paletten und leere Eimer. Diese werden auf Brachflächen, in Innenhöfen oder leeren Baugrundstücken aufgestellt. Kurz gesagt: Es geht ziemlich kreativ und alternativ zu. URBAN GARDINEN – WIESO, WESHALB, WARUM Vielleicht denkt Ihr Euch jetzt: Warum denn Gemüse in der Stadt anbauen? Wir haben doch den Supermarkt direkt vor der Haustür! Genau deshalb wollen Initiativen wie die „Stadtgärtner Würzburg“ den Menschen zeigen, wie eine Paprika eigentlich wächst, wann welche Früchte Saison haben und …

BRETTER, DIE DIE WELT BEDEUTEN

„Die ganze Welt IST Bühne. Und alle Fraun und Männer bloße Spieler“, schrieb Shakespeare einst in einer seiner bekanntesten Komödien „Wie es euch gefällt“. Für Euch blicken wir auf die bewegte Geschichte des Würzburger Theaters. Die Anfänge der Würzburger Theater-Tradition gehen auf die Jesuiten zurück. Einige Fürstbischöfe richteten damals selbst Bühnen ein, unterhielten Orchester und Sänger. Auch fremde Komödianten gastierten in der Stadt, sofern sie die Erlaubnis dazu erhielten. Eine große Rolle in der Geschichte des Würzburger Theaters spielte das Stift St. Anna. Zwischen 1683 und 1690 hatte die Gräfin Maria von Dernbach in Würzburg für das sittsame Zusammenleben adliger Damen das Damenstift zur Hl. Anna errichtet, welches zunächst in der Domerpfarrgasse 12 im Haus „zur goldenen Pforte“ (mit Kapelle) untergebracht war. Dort verbrachten ältere und jüngere Fräulein von Adel ein Dasein in stiller Beschaulichkeit. Schließlich wurde Balthasar Neumann 1749 beauftragt, für die Damen des Stifts ein neues Heim zu errichten und baute für sie das adlige Damenstift St. Anna, das sich in einem schönen Barockbau „Auf dem Graben“, der jetzigen Theaterstraße, befand. Äbtissin war …

Türkisch für Fortgeschrittene

Herzerwärmende Töne erklingen beim Betreten, an den Wänden fangen orientalische Verzierungen den Blick ein. Und dann ist da noch dieser würzige, appetitanregende Duft, der Lust macht auf ein außergewöhnliches Geschmackserlebnis. In dem kleinen aber feinen Restaurant mit dem schmucken Namen „Elfida“ wird schnell klar: Türkisches Essen ist mehr als Döner, Kebab und Lahmacun. Genau wie bei uns hat jede Region in der Türkei ihre ganz eigenen Spezialitäten – was die türkische Küche an sich enorm vielfältig macht. Wie vielfältig, das möchte Filda nun in Würzburg beweisen. Vor wenigen Monaten eröffnete sie ein Restaurant für türkische Hausmannskost am Inneren Graben 14. HAUSGEMACHTE TEIGWAREN & FRISCHES GEMÜSE Filda stammt ursprünglich aus Mersin im Süden der Türkei und hat in Deutschland schon einiges an gastronomischer Erfahrung gesammelt. 12 Jahre lang betrieb sie einen Dönerladen. Doch da es in Würzburg nur ein verschwindend geringes Angebot an wirklich traditionell-türkischem Essen gab, fasste sie den Entschluss, ihren Traum vom eigenen Restaurant in die Tat umzusetzen. Im „Elfida“ zaubert sie täglich frische und leckere Gerichte. Dabei kommt vor allem viel frisches Gemüse zum …

HELFEN – Hier und heute mit deinem FSJ

Seit Monaten vergeht kaum ein Tag ohne Nachrichten zum Thema Flüchtlinge und Asylpolitik. Wie die Lage bei uns ist – und warum unsere Stadt genau jetzt engagierte FSJ‘ler braucht. Ob in Talkshows, Nachrichtensendungen, Zeitschriften oder dem Facebook-Newsfeed: Tag für Tag werden wir aktuell mit traurigen Familien, schweren Schicksale und einsamen Kindern mitten in Deutschland konfrontiert. Da stellen sich viele die Frage: „Können die nicht mal alle etwas anderes bringen?“ Leider gibt es schlichtweg keine Situation, die mit der derzeitigen vergleichbar ist. Und ja, es sind nicht nur einfach Bilder, die uns gezeigt werden. Es sind Geschehnisse aus dem realen Leben direkt vor unserer Haustür. Zahlreiche Flüchtlinge sind heute schon in Würzburg angekommen, mittlerweile über 1.300 Menschen. Und ein Gerücht muss an der Stelle sofort ausgeräumt werden: Keiner von ihnen ist „zum Spaß“ hier. Kein einziger will hier die mittlerweile berühmten 140 Euro abkassieren. Jeder Kriegsflüchtling musste aus Angst um sein Leben sein Zuhause und seine Heimat verlassen. Bomben, Schüsse, Panzer, Trümmer – die meisten von uns kennen das nur aus den Geschichten unserer Großeltern. Doch in …

SEXTANTEN

Sex ist schon lange kein Tabu-Thema mehr, ganz im Gegenteil: In unserer heutigen Gesellschaft heißt es oftmals „Sex sells!“ Ob in Zeitschriften, auf Plakaten oder im Fernsehen – überall wird man mit dem Thema Sex konfrontiert. Was den Bereich Sex-Spielzeug anbelangt, kommt man daran spätestens seit dem Hype um „50 Shades of Grey“ kaum noch vorbei. Was früher Tupperpartys waren, sind heute Toypartys! Dass es sich dabei nicht um Kinderspielzeug handelt, können sich wohl die meisten bereits denken – schließlich werden auf den im Volksmund auch Dildo-Partys genannten Events statt Rührschüsseln und Salatschleudern Vibratoren und Analplugs präsentiert. „Einige von uns haben schon des Öfteren in Online-Sexshops bestellt, aber wir wollten uns in Sachen Spielzeuge im Bett schon immer einmal professionell beraten lassen“, erklärt eine Runde junger Frauen ihre Intentionen. Bevor es aber losgehen kann mit der Präsentation, muss erst ein Veranstalter gefunden werden. Vor allem die ansprechende Werbung von Amorelie war der Frauengruppe schon oft aufgefallen. Der – im Gegensatz zu manch anderen Sexshops – absolut nicht schmuddelig wirkende Auftritt des Unternehmens gab den Ausschlag, …

HALLO NACHBARN, HIER SIND WIR!

Hand aufs Herz: Die meisten von uns gehen morgens zur Arbeit, kommen spät nach Hause, essen, schlafen und gehen dann wieder zur Arbeit. Aber was wissen wir von unserem Nachbarn auf der anderen Seite der Wand? Lebt er/sie/es das gleiche Leben? Bis auf „Schöne Weihnachten“, „Guten Beschluss“ und „Trallala“ sind da so gut wie keine Berührungspunkte. Außer vielleicht Postpäckchen annehmen. Es soll allerdings einige Profi-Nachbarn geben, die ihr Nebenan schon mal mutig und ganz intim nach Zucker gefragt haben. Respect! Spaß beiseite: Wir sind Gespenster. Wir geistern schon viel zu lange viel zu alleine durch diese Welt. Wir sagen euch: Macht diesem Spuk ein Ende. Hier, heute, jetzt. Sagt „Hallo“ zu euren Nachbarn, ladet sie auf ein Bier ein, kocht zusammen, diskutiert über Gott und die Welt, schenkt ihnen diese erste Ausgabe; vielleicht ist es der Beginn einer wunderbaren Freundschaft! So viel zum philosophischen Ansatz. Jetzt erstmal: Schön, dass ihr da seid. Schön, dass ihr bis hierhin gelesen habt. Schön, dass ihr uns überhaupt in den Händen haltet: Ein neues Magazin auf die gute Nachbarschaft – …

SICH SELBST BEWUSST VERHAUEN LASSEN?

Sadomasochismus – ein Phänomen hinterfragt. INTERVIEW MIT DEM PSYCHOLOGEN LORENZ WOHANKA Was heißt sadomasochistisch aus psychologischer Sicht? Wir Psychologen beschäftigen uns mit dem Verhalten und Erleben der Menschen. Dazu gehört auch sexueller Sadomasochismus. Er klingt als Wort in der Sprachmelodie schon nur wenig weich und bringt auch im Alltagsgebrauch, also im Verhalten der Menschen, Härte mit sich. Für den sadistischen Teil der Sexualität bedeutet das verstärkte sexuelle Befriedigung durch das Zufügen von Schmerz oder Erniedrigung. Der masochistische Anteil wiederum besteht in einer Verstärkung sexueller Befriedigung durch das Erleiden von Schmerz oder Erniedrigung bzw. Demütigung. Mehr heißt Sadomasochismus für Psychologen erst einmal nicht. Wichtig zu wissen ist noch, dass Geschlechtsverkehr nicht zwingend an sadomasochistische Praktiken gekoppelt ist. Im Gegenteil, oft werden beide Spielarten sexuellen Lebens getrennt oder sadomasochistische Praktiken als Teile eines Vorspiels verwendet. Ab wann ist SM unnormal? Gibt es verschiedene EntwicklungsStufen, die man definieren kann? In der Betrachtung und Einordung von Sadomasochismus scheiden sich die Geister. Es gibt neben kulturellen, theologischen und gesellschaftlichen auch unterschiedliche psychologische sowie psychotherapeutische Betrachtungsweisen. Ein allgemeiner Nenner aus psychopathologischer Sicht findet sich …