Alle Artikel in: NACHBARN

Balz auf dem Würzburger Catwalk

Von dezentem Wegschauen hält man hier nichts: In Würzburg wird hinterhergeguckt, was das Zeug hält. Klar, dass es in lauen Sommernächten zwischen Festung und Residenz auf den städtischen Catwalks nur so wimmelt.  Als Einstieg für Touris, Neuwürzburger und gut betuchte Franken eignet sich natürlich am besten die Alte Mainbrücke. Eintrittskarte für die Mainvariante der Münchner Schickeria ist lediglich der klassische Brückenschoppen, den es geschickt durch die Menschenmassen zu jonglieren gilt. Für die Damen schickt sich außerdem die hochgekrempelte weiße Hose, kombiniert mit einer leichten Daunenjacke in pastelligen Frühlingsfarben. Dazu eine männliche Begleitung, leicht gebräunt, mit lässigem Kaschmirpullover über den Schultern. So lehnt man sich dann elegant neben Kilian an die Brückenmauer und begutachtet die – im Rausche des Weines – mediterran anmutende Landschaft. Und ihre Bewohner. Halbwegs unauffällig. Ganz und gar nicht unauffällig läuft das Prozedere dagegen beim Sonntagstreff ab. Location: MS Zufriedenheit beim Kulturspeicher. Niveau: für Würzburger, die schon ein paar Leute kennen. Denn hier guckt man sich unverblümt hinterher und grüßt dabei lässig nach links und rechts. Je häufiger, desto besser. Kommt man …

Das Dalle – Mehr als sehen und gesehen werden

Das Schwimmbad: heiß, nass, viel nackte Haut und hemmungsloses Beglotzen. Nicht umsonst sagt man vom Dalle, wie es von den Würzburgern liebevoll genannt wird, dass es dort nur um Sehen und Gesehen werden geht. Jeder präsentiert seinen Körper, alle glotzen – und das flirten kommt auch nicht zu kurz. Aber ist es denn wirklich so? Und war das schon immer so?  Um das herauszufinden, ist eine genaue Analyse der verschiedenen Badegäste unverzichtbar. Denn wer glaubt, alle Badegäste liegen quer im Dalle verteilt ohne jedes System, der hat sich getäuscht. Nahezu jeder Gast ist Mitglied einer festen Gruppe. Wer nicht drin ist, gehört auch nicht dazu. DER TURMFALKE Fast schon als Rudel kann man da beispielsweise die Turmspringer sehen. Junge, trainierte Kerle, die lebensmüde genug sind, vom berüchtigten 10-Meter-Brett zu springen. Und das auch nicht irgendwie, sondern in akrobatischen Figuren. Sie sind die Könige des Dalle. Jeder sieht sie, jeder kennt sie und keiner traut sich näher an sie ran. Sie sind immer unter sich – und wenn der Turm gerade mal nicht offen ist, tummeln …

Meer davon

Job gekündigt und Rucksack gepackt: Mein Abenteuer in Galizien.Manchmal muss man im Leben einfach unvernünftig sein. Einfach mal machen, was das Herz sagt: Den Job kündigen, das WG-Zimmer zwischenvermieten, den Rucksack packen, ein Flugticket buchen und los, ab ins Ungewisse!  Genau das habe ich im vergangenen Jahr getan. Ich wollte eine Auszeit vom 9-to-5-Joballtag, am Meer leben, das Leben mehr genießen und meiner Vernunft mal ein Time-Out verpassen. Denn mal ehrlich: Schließlich ist es doch das Vernünftigste, auf das eigene Gefühl zu hören und das zu tun, was sich gerade gut anfühlt. Klar, das ist oft gar nicht so einfach. Schließlich schwirren in unserem Hirn gerne einmal Worte wie Absicherung, Geld, Existenz oder gar Rente herum – aber hey, manchmal muss man sein hübsches Köpfchen auch mal aus- und das Herz anschalten. Ab und weg: Auf nach Galicia! Und während andere in meinem Freundeskreis Kinder kriegen oder Häuschen bauen, lasse ich einfach alles hinter mir. Ich kannte da jemanden, der jemanden kennt und fand mich schneller als gedacht in Spanien wieder. Genauer gesagt in einem …

Musik trifft auf Glaube

1.000 Chorproben, 160 Gottesdienste, 40 Konzerte „Wir machen Musik bis jeder beschwingt singt“, ertönt es aus dem Probenraum. Die Mädchen des Vorchors singen ein neues Begrüßungslied. Die jungen Stimmen klingen noch ein wenig wirr, ab und zu wird das ein oder andere Wort vergessen, genuschelt, ausgelassen. Aber das macht nichts, denn genau deswegen üben die Kleinen fleißig zusammen mit der Chorleiterin Frau Horn. Schließlich wollen sie professionelle Sängerinnen werden. Dass das jede Menge Übung, die richtige Körperhaltung und einen entspannten Kiefer erfordert, lernen sie bereits im Grundschulalter auf spielerische Art und Weise. Der Vorchor der Mädchen und Jungs ist die Grundlage für die Mädchenkantorei und die Domsingknaben. Die Kinder bilden die Basis, sie sind die Zukunft der Dommusik. Weniger verspielt, dafür ein ganzes Stück konzentrierter geht es in der Probe des Konzertchors zu. Hier probt Domkapellmeister Christian Schmid zusammen mit den Domsingknaben für bevorstehende Konzerte und Auslandsreisen. Noten und Liedtexte lesen die Chorsänger aus ihren Musikmappen. Beim Singen müssen sie auf sprachliche und individuelle Aspekte sowie auf die Artikulation achten. Die Stimmen klingen stark, laut und …

5 Fragen an UNVERPACKT

Fast vier Monate lang gibt es ihn nun schon: Würzburgs ersten verpackungsfreien Supermarkt in der Sanderstraße. Wir haben Inhaberin Susanne Waldmann und ihr Team getroffen und wollten wissen, wie es zur Ladengründung kam und welche Philosophie dahintersteckt.  Sind die Produkte bei Euch im Schnitt teurer oder günstiger als im Supermarkt? Weder noch. Die Produkte kosten etwa genauso viel wie im Biomarkt. Natürlich gibt es Produkte, die teurer sind, aber auch genügend, die unter den durchschnittlichen Bio-Preisen liegen. Das liegt zum einen daran, dass der Verpackungspreis wegfällt – und zum anderen, dass wir unsere Produkte auf kürzestem Wege vom Produzenten beziehen. So wird Getreide beispielsweise günstiger, weil wir das ohne Zwischenhändler vom Landwirt beziehen. Mir ist im Großen und Ganzen wichtig, dass unser Angebot aus der Nähe kommt! Und natürlich sind wir auch Bio-zertifiziert: Bei uns ist also bio drin, wo bio draufsteht. Regionale Zulieferer, kurze Wege Und woher kommen die Produkte genau? Wir arbeiten mit vielen Landwirten und Produzenten aus nächster Nähe zusammen. Unser Gemüse kommt beispielsweise vom Bioland-Hof Kraus-Egbers in Oberaltertheim – und das …

Klingelstreich

UND WAS TREIBST DU SO? Ein junger Mann öffnet die Tür. Mit Löckchen und einem verschmitzten Grinsen. Er erinnert ein bisschen an Tim Bendzko oder einen sehr gut aussenden Thomas Müller. Wie ich erfahre, hört er das sehr oft – hält von dem Vergleich aber nicht viel. Um den Hals hat er ein Maßband hängen und man sieht, dass er mit dem Thema Mode vertraut ist: Bei seinem Outfit passt jedes Detail. Trotzdem sieht es extrem lässig aus. Es ist früher Abend, als ich mir die Dreistigkeit herausnehme, an wildfremden Türen zu klingeln. Dominik Joachim heißt der Blondschopf, der seine Haustür öffnet. Er ist 21 Jahre alt und wohnt mit seinem Kumpel in einer WG in Grombühl. Wenn er sich nicht gerade Gedanken über Klamotten für sein Label  macht, verkauft er welche. Man merkt, dass er öfter mal spontan ausgefragt wird. Sonderlich unwohl scheint er sich nicht zu fühlen:  Auf doofe Fragen bekommt man meistens eben auch doofe Antworten: Warum hat es so lange gedauert, bis Du die Tür geöffnet hast? Unser Türöffner, oder wie …

Stadt Geschichten

USB-BUS Ich finde es ja super, dass es jetzt bald öfters auch in den öffentlich Verkehrsmitteln USB-Buchsen zum Aufladen von Handy-Akkus gibt. Aber nun meine Frage, liebe WVV: Hat die Straßenbahn noch genug Saft zum Fahren, wenn die komplette 7b des Riemenschneider-Gymnasiums gleichzeitig „Clash of Clans“ am Handy zockt und dabei ihre Akkus auflädt?! Sicherlich nicht! An einer Bushaltestelle … … stehen ein Vater und dessen kleine Tochter. Das Mädchen tänzelt auf einer Mauer herum, kommt wenig später mit ausgebreiteten Armen auf ihren Papa zu und umarmt ihn. Lautstark ruft die Kleine plötzlich: „Papa … du musst auch mal wieder duschen.“ Verlegen, ja gar etwas mürrisch, schaut sich der Mann um: „Ich hab doch gestern erst gebadet.“            von Lisa Moug   In die Tüte lachen. TEGUT SANDERAU Als treuer Tegut-Kunde weiß man spätestens, seit die allerbestgelaunteste Oberkassiererin Rita(-Lin) in Rente ging, dass hier irgendetwas anders läuft … Unter den Kassiererinnen herrscht immer eine spitzen Laune. Letzten Dienstag war die „Junge mit der großen Brille“ so erheitert, dass sie beim Artikelscannen, …

Der Frühling wird wuschig

Ein neuer Frühling – und viele neue Pläne. Große Pläne. Die Dinge endlich mal anders machen. Möglicherweise sogar was Sinnvolles, Ökologisches, Foodtruck-Artiges, mit viel Reisen und so. Ein Start-up gründen, oder gleich zwei, die Welt ein bisschen verändern, das „eine große Ding“ aus dem Boden stampfen. Viele von uns tragen solche Gedanken mit sich herum. Und dann kommt er wieder um die Ecke, der geliebte Alltagstrott – und irgendwie bleibt doch wieder alles beim alten. Doch wieso wollen wir eigentlich immer gleich alles auf den Kopf stellen? Vielleicht ist es 2017 an der Zeit, mal einen Schritt zurückzutreten und die Dinge aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Denn oftmals genügen eben schon kleine Veränderungen in unserem Leben, damit wir uns besser fühlen, glücklicher sind und zufriedener durch den Tag gehen. Probiert es einfach mal aus: Geht raus in die Natur, in den Park, lasst die Frühlingssonne Eure Haut wärmen, fahrt euch mit den Händen durch die Haare, verwuschelt sie – und erdet Euch ein klein wenig. Wetten, dass Ihr dann genau wisst, was Ihr als Nächstes zu …

Wenn der Berch ruft

Nicola Thomas, auch Nicki genannt, hat es von Würzburg nach Erlangen gezogen. Wegen des Studiums natürlich. Was sie genau macht, und vor allem warum, erzählt sie Euch nachfolgend selbst … Würzburg, meine Heimat, meine Liebe und der Mittelpunkt meines Bachelorstudiums in Philosophie, Religion und Germanistik. Nach einer kurzen Panik, mein Herr Papa könnte Recht haben – und ich mit diesen „brotlosen Künsten“ auf der Straße landen, entschied ich mich: Das kann noch nicht alles sein, ein Master muss her. Am besten mit Praxisbezug, aber trotzdem mit Muse für mein geisteswissenschaftliches Gemüt. Und bitte nicht zu weit weg von Main, Wein und Freunden. Und ohne Mathe. So lockten sie mich von Würzburg weg nach Erlangen – schöne Stadt, ein Mango-Laden, Bergkirchweih, Bier – zum Master Medien-Ethik-Religion. „Irgendwas mit Medien“ also. Nun im Ernst. Nach wie vor werde ich schräg angeschaut, wenn ich sage, was ich studiere. Keiner kann sich etwas darunter vorstellen, doch eigentlich betrifft es uns alle jeden Tag, jede Stunde und auch gerade jetzt in diesem Moment. Nicht nur „irgendwas mit Medien“ TV, Netflix …